Mein Gott, mein Gott, warum hast du mich verlassen?
Am Kreuz schreit Jesus diese Worte aus dem Psalm 22 als seine eigenen und sagt damit zu den Leidenden und Verzweifelten: Ich stehe mit euch da, wo ihr nicht mehr weiterkommt. Da, in der Tiefe eurer Sorgen und eures Leidens, da bin ich auch. Euer Rufen nach dem Gott, der nicht da ist, hat sein seinen Platz wie das Danken und das Loben. Der Gekreuzigte hat seine Armen offen und wird eins mit allen, die sich Sorgen machen, die traurig sind, die Leid und Not erleben. Mit ihnen wird er verspottet, mit ihnen teilt er die Gottverlassenheit und mit ihnen und für sie hört er nicht auf nach Gott zu rufen: Mein Gott, mein Gott, warum hast du mich verlassen?
EVANGELIUM Mt 27, 31 – 50
Dann führten sie Jesus hinaus, um ihn zu kreuzigen. Auf dem Weg trafen sie einen Mann aus Kyréne namens Simon; ihn zwangen sie, sein Kreuz zu tragen. So kamen sie an den Ort, der Gólgota genannt wird, das heißt Schädelhöhe. Und sie gaben ihm Wein zu trinken, der mit Galle vermischt war; als er aber davon gekostet hatte, wollte er ihn nicht trinken. Nachdem sie ihn gekreuzigt hatten, verteilten sie seine Kleider, indem sie das Los über sie warfen. Dann setzten sie sich nieder und bewachten ihn dort. Über seinem Kopf hatten sie eine Aufschrift angebracht, die seine Schuld angab: Das ist Jesus, der König der Juden. Zusammen mit ihm wurden zwei Räuber gekreuzigt, der eine rechts von ihm, der andere links. Die Leute, die vorbeikamen, verhöhnten ihn, schüttelten den Kopf und riefen: Du willst den Tempel niederreißen und in drei Tagen wieder aufbauen? Wenn du Gottes Sohn bist, rette dich selbst und steig herab vom Kreuz! Ebenso verhöhnten ihn auch die Hohepriester, die Schriftgelehrten und die Ältesten und sagten: Andere hat er gerettet, sich selbst kann er nicht retten. Er ist doch der König von Israel! Er soll jetzt vom Kreuz herabsteigen, dann werden wir an ihn glauben. Er hat auf Gott vertraut, der soll ihn jetzt retten, wenn er an ihm Gefallen hat; er hat doch gesagt: Ich bin Gottes Sohn. Ebenso beschimpften ihn die beiden Räuber, die mit ihm zusammen gekreuzigt wurden. Von der sechsten Stunde an war Finsternis über dem ganzen Land bis zur neunten Stunde. Um die neunte Stunde schrie Jesus mit lauter Stimme: Eli, Eli, lema sabachtáni?, das heißt: Mein Gott, mein Gott, warum hast du mich verlassen? Einige von denen, die dabeistanden und es hörten, sagten: Er ruft nach Elíja. Sogleich lief einer von ihnen hin, tauchte einen Schwamm in Essig, steckte ihn auf ein Rohr und gab Jesus zu trinken. Die anderen aber sagten: Lass, wir wollen sehen, ob Elíja kommt und ihm hilft. Jesus aber schrie noch einmal mit lauter Stimme. Dann hauchte er den Geist aus.
Gebet
Geheimnisvoller Gott, wir stehen vor dem Kreuz deines Sohnes und denken an alles Leid dieser Welt, an alle Unsicherheit und Sorgen, an alle Schmerzen und Tränen, an alle Bosheit und Gleichgültigkeit, an Folgen von Missbrauch und Gewalt, an alle Opfer und Täter…
„Mein Gott, mein Gott, warum hast du mich verlassen?“ Im Todesschrei deines Sohnes sammeln sich die lauten und leisen Schreie der Gequälten aller Zeiten.
Das Dunkle dieser Welt lähmt uns, aber das Beispiel deines Sohnes ermutigt uns, an dich zu glauben und an die österliche Kraft deiner Liebe, die stärker ist als menschliches Versagen, Leid und Tod.
„Vater, in deine Hände lege ich meinen Geist.“ Lass uns für unsere Mitmenschen glaubwürdige Zeugen dieser Liebe sein. Heiliger Gott, heiliger Starker, heiliger Unsterblicher, erbarme dich unser! Amen
Fürbitten
Gott des Lebens, wir beten:
- für die Menschen, die am Corona-Virus erkrankt sind
- für die gefährdeten und alten Menschen
- für alle, die sich in Medizin und Pflege für die Kranken engagieren
- für die Verantwortlichen in der Politik, die schwierige Entscheide fällen müssen
- für die Geschäftsleute, die ihre Geschäfte schliessen müssen
- Für die Arbeitnehmer, die sich Sorgen um den Arbeitsplatz machen
- für alle, die in diesen Tagen einsam sind
- für alle, denen die gemeinsame Zeit auf engem Raum zu schaffen macht
- für die Kinder, die keine Schule haben, ihre Kolleginnen und Kollegen in diesen Tagen nicht treffen können und sich langweilen
Sei du Gott, mit all diesen Menschen. Behüte und beschütze uns und alle, die wir dir anvertrauen. Amen
Die Mitte der Nacht ist der Anfang des Tages. Die Mitte der Not ist der Anfang des Lichts.
Diese Worte aus einem alten christlichen Hymnus drücken unsere Hoffnung aus: Ein Anderer wird uns auf unsere Fragen Antwort geben und die Fortsetzung des Karfreitages schreiben!
07.04.2020_Christina Tscherfinger